Aus dem "Dritte-Welt-Laden Spandau" wird der "Weltladen Spandau Fachgeschäft für Fairen Handel"

Entgegen unserer jahrelang vertretenen Position haben wir in unserer Fortbildungsklausur am 15.8.2020 unseren Laden, wie in der Überschrift gezeigt, umbenannt. Wir sind sicher, dass dieser Schritt richtig und notwendig war. Die Bezeichnung „Dritte Welt“ war von uns allerdings niemals diskriminierend gemeint.


 Entstanden ist der Begriff durch die „Blockbildung“ nach dem zweiten Weltkrieg und ist in diesem Sinne historisch überholt. Wir benutzten den Begriff jedoch im Sinne von „tiers monde“, angeregt durch den französischen Bevölkerungsforscher Alfred Sauvy, der ihn 1952 aufbrachte. Er bezog sich auf die Französische Revolution von 1789. Neben dem Adel und dem Klerus sollte auch der „Dritte Stand“, das Bürgertum volle Rechte in der politischen Ordnung erhalten. Diese Rechte wurden und werden, so Sauvy, den Ländern des globalen Südens vorenthalten und diese Ungerechtigkeit sollte und soll beseitigt werden. Sie können das alles genauer und ausführlich auf unserer aktuellen Internetseite nachlesen.


In der täglichen Praxis im Laden wurden wir oft gefragt, warum noch „Dritte Welt“ und ernteten ratlose Blicke, wenn wir uns auf den dritten Stand und die Französische Revolution bezogen. Die Welt hat sich weiterentwickelt und die Argumente von 1789 und 1952 sind nicht falsch, aber können heute nach unserer Erfahrung nicht mehr überzeugen. 


Inzwischen gibt es eine weltumspannende „FairHandels-Bewegung“. Die entsprechenden Geschäfte in Deutschland nennen sich meistens „Weltladen“ oder „Eine Weltladen“. Damit ist auch ein hoher Wiedererkennungswert verbunden. Die Weltladen-, bzw. FairHandels-Bewegung verfolgt immer noch das Ziel, die Lage der Menschen in den benachteiligten Ländern dieser Erde zu verbessern. Das sind überwiegend Länder des globalen Südens. Durch faire Preise soll erreicht werden, dass die Menschen in Würde leben und die Kinder zur Schule gehen können. Unser kleiner Laden ist Teil dieser Bewegung. Auf dem Weg dorthin wird Hilfe zur Selbsthilfe geleistet. Die Genossenschaften, Handwerks- und Familienbetriebe sind selbstbestimmte Partner und Partnerinnen von denen auch wir lernen können und müssen. 

Inzwischen hat die Bewegung erkannt, wie wichtig es ist, die Strukturen so zu ändern, dass die Waren in den betreffenden Ländern verarbeitet werden und dort auch gehandelt werden. Da haben wir alle noch eine Menge Arbeit vor uns. Auf der anderen Seite müssen Lebensmittel, Gebrauchsgegenstände, Kunsthandwerk usw., die z.B. in Deutschland verkauft werden sollen, hier schmecken, passen und gefallen. Unsere Kunden und Kundinnen bestätigen, dass das inzwischen so ist. Gut ist auch, dass es Produkte aus fairem Handel inzwischen in Supermärkten gibt.


Eine große Bedeutung hat der Umweltschutz gewonnen. Bei den Lebensmitteln wird auf Bio Qualität geachtet. Monokulturen sollen verhindert werden. Sie schaden auf Dauer der Umwelt.  Auf diesem Gebiet ist inzwischen einiges erreicht, das Ganze darf aber nicht in der Nische fairer Handel stecken bleiben.  In den letzten Jahren werden auch die Probleme der Transportwege deutlich. Ein Akteur aus Leipzig hat inzwischen mindestens 2x Kaffee aus Nicaragua mit einem Segelschiff transportieren lassen. Das ist z.Zt. sehr schwierig, aber wer weiß, vielleicht wird „Segelkaffee“ einmal die  Norm.  

Es gibt leider immer noch die ungerechten Strukturen. Solange Menschen „unter aller Würde“ zu unmenschlichen Bedingungen in unzureichenden Fabrikhallen arbeiten oder ungeschützt Pestizide versprühen müssen, solange sie es nicht wagen können, sich in Gewerkschaften zu verbünden usw. werden wir keine Ruhe geben. 

Wir müssen erkennen, dass wir hier in Europa Teil des Problems sind. Darüber hinaus gibt es auch hier leider viele ungeschützte Arbeitsverhältnisse. Die großen Konzerne interessieren sich in der Regel nicht für die Bedingungen in Fabriken ihrer Zulieferfirmen und die Verbraucher*Innen leider auch nicht. Sie wollen (oder müssen ) billig kaufen. 


Initiativen wie der Einsatz für ein Lieferkettengesetz oder die Forderung „Schokolade fair zu machen“ werden wir als Weltladen Spandau  Fachgeschäft für fairen Handel weiter mit Leidenschaft und mit Ihrer Hilfe unterstützen.